Freund/Feind: Wie hilft ein gemeinsamer Feind, Unterschiede zu überwinden?

Shownotes

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In diesem Podcast geht es darum, dass wir Menschen in Schubladen stecken – aber warum tun wir das eigentlich? Was können wir tun, um unsere Stereotype abzubauen und wie hilft ein gemeinsamer Feind dabei, ganz unterschiedliche Menschen zusammenzubringen? Wonach unterscheiden wir Menschen eigentlich am stärksten, ist es Race, Gender, Status oder vielleicht doch etwas ganz anderes?

Dr. Felicitas Flade ist Sozialpsychologin und forscht bei uns im Teilprojekt „Unite Against. Zum Einfluss eines gemeinsamen Feindes“. Auch in ihrer Doktorarbeit „Unpacking the boxes we put people in - On the symmetry, contextual malleability, and maintenance of social categorization” beschäftigte sie sich schon mit der Kategorisierung von Menschen.

Felicitas Flade engagiert sich beim Fachnetz Flucht – hier schreiben sie und andere Sozialpsycholog:innen praxisorientierte Texte rund um das Thema Flucht und Integration. Allgemeine Texte rund um Psychochologie findet ihr auf In Mind.

Über uns und unsere Arbeit bleibt ihr bei Instagram, Threads und Mastodon auf dem Laufenden

Host: Friederike Brinker (Sonderforschungsbereich 1482 Humandifferenzierung) Producer: Marco Mazur (Zentrum für audiovisuelle Produktion) Studentische Hilfskraft: Julia Wollmann (Sonderforschungsbereich 1482 Humandifferenzierung)

Der SFB 1482 Humandifferenzierung ist an der Johannes Gutenberg-Universität und dem Institut für Europäische Geschichte in Mainz angesiedelt. Für Feedback, Fragen und Vorschläge schreibt mir gern eine Mail: sfb1482.kommunikation@uni-mainz.de Foto: Stephanie Füssenich

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Anfangszitat: Seine eigenen Erwartungen und Einstellung herausfordern und sich praktisch in Situationen begeben, wo es vielleicht anders ist.

Intro: Hallo, willkommen zum Podcast Sone/Solch. Wir sind das Podcast-Team Friederike Brinker, Julia Wollmann und Marco Mazur. Wir alle stecken Menschen in Schubladen. Aber warum tun wir das eigentlich? Was können wir tun, um unsere Vorurteile abzubauen? Und wie hilft ein gemeinsamer Feind dabei, unterschiedliche Menschen zusammenzubringen? Felicitas Flade ist Sozialpsychologin und forscht zum „gemeinsamen Feind“. Was genau sie da macht, wird sie uns gleich erzählen.

Intromusik: Sone und Solche. Ein Podcast über Menschen und wie sie sich unterscheiden - und wie die Kulturwissenschaften dazu forschen. Mit dem SFB Human Differenzierung und dem Leibniz - Institut für Europäische Geschichte.

FF (Felicitas Flade): Ja, also genau wie gesagt, ich bin Sozialpsychologin. Also ich interessiere mich dafür, wie Leute denken und fühlen und handeln im Kontext ihres sozialen Umfeldes. Es geht auch um Gruppendynamiken und aber auch was sind praktisch die kognitiven, also Denkgrundlagen von der Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen. Und da beschäftige ich mich ganz viel mit dem Phänomen der sozialen Kategorisierung, was mehr oder weniger die sozialpsychologische Entsprechung für Humandifferenzierung ist. Wo wir uns angucken, wie sortieren Leute andere Leute in Schubladen, welche Schubladen sind es?

FF (Felicitas Flade): Warum sortieren die da rein, wie stark sortieren die da rein und wie kann man sie vielleicht daran hindern, das zu machen oder das sogar verstärken, je nachdem. Und die Idee dabei ist, dass es praktisch das ist ja eine Kategorisierung, die Grundlage ist für ganz viele soziale Prozesse, die nachgeschaltetet sind und viel schlimmere Folgen haben können. Also nur wer Leute in Kategorien steckt, in Schubladen steckt, kann denen auch Stereotype zuweisen.

FF (Felicitas Flade): Also das sind gewissermaßen Eigenschaften, die man Gruppenmitgliedern zuspricht, nur auf der Grundlage davon, dass sie Gruppenmitglieder sind. Also ich kenne die Person nicht, aber ich sehe, das ist eine Frau. Und dann denke ich okay, dann ist die Person bestimmt so und so und so.

FB (Friederike Brinker): Also Sexismus funktioniert nicht ohne Kategorisierungen?

FF: Stereotypisierungen, Vorurteile, genau. Das ist die Bewertung aufgrund von Gruppenzugehörigkeit und eben auch die Diskriminierung, also die Abwehr, also die Handlungen, die Leute benachteiligt. Das ist alles. Also die Idee ist, dass das alles auf sozialer Kategorisierung basiert, das heißt Kategorisierung an sich, das können wir vielleicht dann noch später ansprechen oder so, ist glaube ich per se nicht positiv oder negativ, also nicht gut oder schlecht, was gut oder schlecht ist, was darauf aufbaut. Nur wenn jemand negativ bewertet oder behandelt wird.

FB: Gibt es denn auch positive Folgen von Kategorisierung?

FF: Ja, für die Leute selber ist Kategorisierung, das ist zumindest meine Überzeugung und auch ist im Feld eigentlich so die Überzeugung, dass es eine Strukturierungsmöglichkeit für unser Denken ist. Also Menschen gehen durch die Welt und da sind ganz viele Informationen, die wir verarbeiten wollen. Und einerseits sind da sehr viel mehr Informationen als wir überhaupt verarbeiten können. Also das kennen wir, glaube ich alle, dass wir Sachen nicht übersehen oder übersehen. Und später sagt jemand: Hast du das gesehen? Nein, überhaupt nicht.

FF: Also da gibt es schon so einen Filter und andererseits sind die Informationen, glaube ich, oft nicht so brauchbar. Also wir können zwar vielleicht Leute wiedererkennen und so, aber sage ich mal für soziale Funktion, also dass wir zum Beispiel Leuten vertrauen können, das erkennen wir in dem Gesicht nicht.

Und wir müssen irgendwie rausfinden, ob wir der Person vertrauen können. Und da können wir die Leute vielleicht fragen: „Kann ich dir vertrauen?“ Aber du kann ja auch lügen. Also es ist ganz schwierig, glaube ich, für Menschen an Informationen erst mal ranzukommen, die wir verwenden können, denen wir vertrauen können. Das heißt, und da kann Kategorisierung eben helfen bei Kategorisierung. Was es macht, ist die Welt ist dimensional, also es gibt Berge und Täler, man weiß nicht, wo der Berg anfängt, wo das Tal aufhört.

Und wir müssen irgendwie rausfinden, ob wir der Person vertrauen können. Und da können wir die Leute vielleicht fragen: So aber wir, wir liegen da eine Schablone drauf. Wir sagen, dass das der Berg ist, das ist Tal, das sind die eine Sorte Menschen, das sind die andere Sorten Menschen. Dann können wir die vergleichen, können wir sagen okay, die Sorte Menschen ist klüger als die Sorte Menschen oder die Sorte Menschen vertrauenswürdiger. Zum Beispiel. Und dann, wenn wir eine neue Person treffen, über die wir noch gar nichts wissen, können wir das Wissen anwenden oder „Wissen“ in Anführungszeichen, dass es ja auch irgendwie generiert und dann uns besser zurechtfinden in unserer Welt und auch in unserer sozialen Welt.

Und wir müssen irgendwie rausfinden, ob wir der Person vertrauen können. Und da können wir die Leute vielleicht fragen: Und das heißt, es ist positiv in dem Sinne, dass wir Kategorisierung, glaube ich, brauchen als kognitives Schema, also als Denkwerkzeug. Ja, genau. Ja, genau

FB: Dass wir dann quasi einfach auswählen von den ganzen Dingen, die wir sehen. Was ist gerade wichtig?

FF: Ja genau auswählen und interpretieren, also irgendwie verstehen, wenn alles ineinander übergeht und alles irgendwie ähnlich zueinander ist, können wir nichts verstehen, glaube ich.

FB: Und warum hast du dir die Sozialpsychologie ausgesucht?

FF: Also die romantische Antwort ist, dass ich mich irgendwie immer schon dafür interessiert habe, warum Leute sich streiten, sich vielleicht so ein bisschen naiv, aber. Also warum führen Leute Krieg? Ist doch total bescheuert. Es geht allen schlecht danach. Und genau. Und das hat mich so ein bisschen angetrieben. Ich mein, klar, es gibt viele einfache Erklärungen dafür, aber letztendlich ist es ja schon spannend, warum Leute in Konflikte geraten, wie man das auflösen kann.

FF: Und da genau landet man dann irgendwie bei Gruppen und bei Gruppen landet man in derSozialpsychologie.

FB: Ja und warum streiten sich Leute?

FF: Ganz plakativ gesagt. Aber man muss auch nicht immer so krass auf die Psychologie setzen. Aber natürlich gibt es Ressourcenkonflikte, dass es irgendwie zu wenig Zeug gibt für alle die, die was davon haben wollen. Aber es gibt auch so merkwürdige Effekte wie das Leute sich selber bevorzugen und auch Mitglieder ihrer Eigengruppen bevorzugen.

Also es gibt dafür recht viele Studien zu: Wenn man Leute ganz zufällig in zwei Gruppen einteilt. Also sagen wir zehn Leute kommen ins Labor und dann kommen die vor den Computer und dann wird ihnen so ein Pixel Bild gezeigt, mit ganz vielen Punkten drauf. Und dann müssen sie sagen, wie viele Punkte auf dem Bild sind. Also total sinnlose Information, Dann kriegen die gesagt „Ja, also du gehörst zu den Überschätzern, du hast zu viele Pixel angegeben“, der anderen Hälfte der Leute wird das andere gesagt, „Sie gehören zu den Unterschätzern“.

Es gibt zwei Kategorien Unterschätzer und Überschätzer. Und was dann passiert, wenn man den Leuten zum Beispiel Ressourcen zu verteilen gibt. Wenn man die fragt, wen von ihren anderen neuen Mitspieler: innen finden sie netter als andere, dann bevorzugen die plötzlich ihre Eigengruppe, obwohl die Gruppenzugehörigkeit überhaupt keinen Sinn macht. Überhaupt keinen Inhalt hat, den man irgendwie interpretieren könnte, um irgendwas damit verbinden könnte.

Es gibt zwei Kategorien Unterschätzer und Überschätzer. Und was dann passiert, wenn man den Leuten zum Beispiel Ressourcen zu verteilen gibt. Wenn man die fragt, wen von ihren anderen neuen Mitspieler: Also diese Eigengruppnbevorzugung Ingroup-Favoriteism ist so ein ganz stabiler Effekt und Outgroup-Deregation natürlich auch, was auch natürlich super anknüpfbar ist an irgendwelche Konflikte, ich identifiziere in Anführungszeichen jemand als nicht zu mir gehören und schon will ich dem Schlechtes ist so in der Art. Genau. Es geht sogar so weit, dass die Leute sogar sich selber oder ihrer eigenen Gruppe Schaden zufügen, wenn sie dadurch der anderen Gruppe mehr Schaden zufügen können als sich. Also ist es ja, Menschen haben immer so eine Grundeinstellung. Ich selber habe recht in dem was ich denke. Ich bin eine gute Person, also moralisch integer, ich bin wohlgesinnt und dann denken sie das gleiche auch über ihre Eigengruppen, also „meine Gruppe hat recht und meine Gruppe ist gut“ und alle Informationen die dann reinkommen, werden praktisch auch so verarbeitet in dieser Hinsicht.

Es gibt zwei Kategorien Unterschätzer und Überschätzer. Und was dann passiert, wenn man den Leuten zum Beispiel Ressourcen zu verteilen gibt. Wenn man die fragt, wen von ihren anderen neuen Mitspieler: Und wenn man das so anlegt, dann passt das auch zu so einem Befund, dass man das man denkt, „Na ja, also wenn ich recht habe, dann müssen die ja nicht recht haben“.

FB: Wenn ich gut bin, dann muss ja notgedrungen irgendjemand anderes schlecht sein.

FF: Ja, ja, genau. Ja, also so was in der Richtung.

FB: Okay. Und warum stecken wir überhaupt Menschen in Schubladen?

FF: Ja, also ich würde sagen, weil A. Weil's uns das Denken erleichtert. Also, Menschen, genau das hattten wir, glaube ich, auch noch nicht. Das also die Idee, dass Menschen faule Denker sind. Wir sparen uns Aufwand, wenn wir können, weil wir haben viel zu tun, viel zu denken usw. Und manchmal, äh wir wollen nicht alles irgendwie im letzten Detail. Manchmal reicht uns, wenn wir so grob sagen okay, also der Person kann ich wahrscheinlich vertrauen. So, dann brauche ich gar nicht irgendwie weiter rumfragen, mich stundenlang mit der Person beschäftigen, dann ist es einfach so und das passt im Großen und Ganzen auch. Das heißt, es ist effizient. Und genau die andere Idee wäre, dass es deswegen Sinn macht, weil wir daraus Informationen generieren, die wir verarbeiten können, aus denen wir Wissen für uns generieren können.

FF: Die erste große Studie, die in dieser in dem Teilprojekt jetzt also sozialpsychologes Teilprojekt, die wir durchgeführt haben. Da haben wir versucht, Gesichter zu nehmen, die so verteilt sind, wie die amerikanische Gesellschaft auch verteilt ist.

FB: Und warum die amerikanische?

FF: Weil es dafür die Gesichter gab, Also es gibt natürlich in der Wissenschaft nicht immer nur Begrenzungen davon, was man so, wozu man forschen kann, wie viel weiß ich nicht, ja, was man sich so vorstellen kann, sondern auch Ressourcen, Begrenzungen, also wie viel Geld ist da und was gibt es als Stimulus-Pools, also an Ressourcen, an Bildern oder Wörtern, die jemand nach bestimmten Kriterien zusammengestellt hat, Sätzen irgendwie. Und so weiter. Genau. Und es gab das hat schon mal jemand gemacht in viel Arbeit. Und dann haben wir das einfach. Nehmen wir die amerikanische Verteilung von der Bevölkerung. Und dann fragen wir auch Amerikaner, weil das recht leicht ist übers Internet, und dann können wir das an derselben Stichprobe machen.

Natürlich wäre es super spannend, das auch für andere Länder zu machen und man kann sich vorstellen, wie viel Aufwand das wäre. Und da bräuchte man, da bräuchte man praktisch eine zweite SFB-Phase, um das nochmal neu aufzuziehen, (FB: wenn man dann extra noch mal fotografiert.) Und genau, und da haben wir praktisch die Leute gefragt, dann eine Auswahl von den Bildern auf einem Bildschirm anzuordnen, so dass die ähnlichen Bilder nah beieinander sind und je unähnlicher die Bilder, desto weiter auseinander.

Natürlich wäre es super spannend, das auch für andere Länder zu machen und man kann sich vorstellen, wie viel Aufwand das wäre. Und da bräuchte man, da bräuchte man praktisch eine zweite SFB-Phase, um das nochmal neu aufzuziehen, (FB: Also wenn Sie vorstellen, 40 Bilder von Gesichtern, also Porträts, die so angeordnet werden sollen, und das haben wir ein paar 100/ paar 1000 Leute machen lassen mit jeweils dann unterschiedlichen Bildern, und dann haben wir praktisch ausgerechnet, wie viele Dimensionen, die so verwendet haben, im Schnitt, und da sind wir so auf sechs Dimensionen gekommen und dann haben die Dimensionen natürlich keine Namen.

Natürlich wäre es super spannend, das auch für andere Länder zu machen und man kann sich vorstellen, wie viel Aufwand das wäre. Und da bräuchte man, da bräuchte man praktisch eine zweite SFB-Phase, um das nochmal neu aufzuziehen, (FB: Aber man kann bei der ersten Dimension extrem gut sehen, dass auf der einen Seite sind die ganzen

Natürlich wäre es super spannend, das auch für andere Länder zu machen und man kann sich vorstellen, wie viel Aufwand das wäre. Und da bräuchte man, da bräuchte man praktisch eine zweite SFB-Phase, um das nochmal neu aufzuziehen, (FB: Frauen und auf der einen Seite sind die ganzen Männer, aber das kann natürlich auch irgendwas anderes sein. Gerade bei hinteren Dimensionen sieht man das vielleicht nicht mehr so genau. Und was wir dann gemacht haben, war praktisch die ganzen Gesichter zu nehmen und von wieder anderen Leuten raten zu lassen.

Natürlich wäre es super spannend, das auch für andere Länder zu machen und man kann sich vorstellen, wie viel Aufwand das wäre. Und da bräuchte man, da bräuchte man praktisch eine zweite SFB-Phase, um das nochmal neu aufzuziehen, (FB: Also die sollten dann die Gesichter einschätzen auf Dimensionen, die wir ihnen vorgegeben haben. Also männlich/weiblich, lange Haare/kurze Haare, alles Mögliche, was uns eingefallen ist. Und was dabei, wenn man das alles dann ausrechnet, rauskommt ist, dass die Leute am stärksten nach Geschlecht sortiert haben, am zweitstärksten nach race. Das ist natürlich auch ein bisschen vielleicht Amerika spezifisch. Da muss man, glaube ich, auch immer so ein bisschen aufpassen. Aber ethnische Gruppen gibt es ja sonstwo auch. Das heißt, ich könnte mir noch vorstellen, dass das auf Deutschland übertragbar wäre. Dann nach Alter, also die Jungen auf die eine Seite, die Alten auf die andere Seite. Und als letztes noch so ein emotionaler Gesichtsausdruck. Also auf der einen Seite waren dann die ganzen Leute mit einem traurigen oder negativen Gesichtsausdruck und auf der anderen Seite eher die lächelnden positiven Leute.

Natürlich wäre es super spannend, das auch für andere Länder zu machen und man kann sich vorstellen, wie viel Aufwand das wäre. Und da bräuchte man, da bräuchte man praktisch eine zweite SFB-Phase, um das nochmal neu aufzuziehen, (FB: Genau das wäre praktisch eine Annäherung daran, nach was die Leute so sortieren. Das ist natürlich nur basierend auf den Gesichtern. Im wahren Leben treffen wir ja Leute und wir sehen erstens ihren ganzen Körper und zweitens lernen wir die vielleicht auch psychologisch kennen. Also lernen dann Sachen über die, die man nicht sehen kann, sondern nur ableiten oder dass jemand nett zu mir ist oder so, das sehe ich nicht unbedingt gleich sofort im Gesicht. Das Gesicht ist natürlich trotzdem wichtig. Also für den ersten Eindruck darf man nicht mit jemandem reden, um das gleich irgendwie zu verstehen. Aber das ist natürlich ein bisschen so Einschränkungen, die wir da noch haben.

FB: Das heißt, macht es da auch einen Unterschied, ob ich so was wie Alter oder Hautfarbe habe, was ja so ein komplettes Kontinuum ist, würde ich mal sagen, oder irgendwie Geschlecht, wo doch bei keine Ahnung 90 % der Gesichter ich ganz gut entscheiden kann, in welche Kategorie ich die stecke?

FF: Ja, das versuchen wir rauszufinden. Tatsächlich. Wobei das natürlich immer so ein paar Schwierigkeiten hat, weil wenn wir die echten Kategorien nehmen, dann sind die ja schon so verteilt. Also ich meine, da könnte man auch sich überlegen, weil Frauen und Männer ja nicht nur zwei große Gruppen sind wahrscheinlich, sondern sich auch so gerieren. Also ich glaube, es ist dann so, die performen ihr Geschlecht auch noch, die ziehen sich so an, drücken sich so aus und das macht das Ganze natürlich noch mal krasser, diese zwei getrennten Gruppen. Wohingegen Alter in den meisten Fällen in den meisten Situationen halt da alles durchmischt ist, wenn man irgendwie beim Bahnhofsvorplatz geht oder irgendwie so. Wir haben das so ein bisschen angeguckt, auch mit diesen Daten, wo die Leute die Gesichter sortiert haben, weil auch da ist es ja so, dass manche 40 Gesichter aus den 2000 gekriegt haben, die besonders stark so eine starke Kategorien sozusagen aufmachen.

FF: Also weiß ich nicht, wenn von den 40 Gesichtern 20, weiblich und 20 männlich sind. Und dann kann es ja passieren, dass bei der einen Person, die extrem weiblich und männlich sind und manche vielleicht eher ein bisschen mittiger oder dass mal eine Transgender-Person mit dabei ist oder Intersex, irgendwas, was die Verteilung wieder ein bisschen zusammenfügen würde. Und da haben wir mal deskriptiv so ein bisschen geguckt, ob sich da Unterschiede ergeben.

FF: Und da ist es nicht so, dass es Unterschiede gibt. Also es wird praktisch immer gleich stark nach Gender kategorisiert, egal wie weiblich die Frauen und wie männlich die Männer sind für eine Person. Aber über die Kategorien hinweg gibt es den Unterschied. Also Gender ist die stärkste, die am häufigsten verwendete Kategorie, würde man sagen. Und da ist es auch so, dass dieser Meta Kontrast am stärksten ist.

FF: Also wenn man die mittlere Punktewolke, also mittlere Bilderwolke anguckt, von den Leuten alle Leute ziehen das und wir rechnen die mittleren Distanzen aus und bilden dann praktisch die mittlere Punktewolke. Und da sieht man das richtig, dass diese erste Dimension das ist, das sind zwei getrennte Haufen, also Männer und Frauen und dazwischen ab und zu mal noch jemand,

FF: der nicht klar zuordenbar ist.

FF: Und bei Alter ist es eine große Wolke an Bildern. Und das ist tatsächlich so, also je höher im Ranking die Kategorie war, also Gender als erstes desto höher war auch der Metakontrast. Also bei Gender am stärksten und es wird dann immer schwächer, je niedriger, also je nachrangiger die Kategorie war. Also da könnte man schon sagen, da steckt was drin.

FF: Aber es ist jetzt nicht so leicht rauszufinden.

FB: Hast eigentlich einen Tipp, weil du hattest ja erzählt, dass es gewisse Folgen hat mit den eigenen Unterscheidungen. Und es kann ja auch sehr negative Folgen haben mit den eigenen Vorurteilen. Hast du ein paar Tipps, wie man da auch entgegenwirken kann, dass man irgendwelche bestimmte Unterscheidungen weniger relevant macht für sich?

FF: Also ich glaub, allgemein bin ich glaube ich überzeugt davon, dass es schwierig ist, an der Kategorisierung anzusetzen. Also weil ich glaube, dass wir das ständig machen, dass wir das super spontan, also automatisch machen, mehr oder weniger. Das passiert so schnell, da haben wir wirklich keinen, keinen guten Einfluss drauf. Ich glaub, wo man dann so ein bisschen ansetzen kann, ist praktisch weiter. Also dass man Stereotype registriert, wenn man die hat. Also, warum, sag ich jetzt mal so ein klassisches „in your face“ Beispiel: „Warum hab ich denn jetzt der Frau in Runde gesgt, sie soll protokollieren“ oder so. Oder „Warum finde ich diese Bewerbung jetzt nicht so gut, wie die anderen?“. Das man versucht sich so ein bisschen auszutricksen, wenn so was passiert. Also, dass man so ein bisschen umlernt.

Und wenn man sich Forschung anguckt, wie man Vorurteile reduzieren kann, wie man vielleicht Mitglieder von Fremdgruppen positiver wahrnehmen kann, dann funktionieren die über Intergruppenkontakt. Das sich Leute von Konfliktparteien hinsetzen bei Kaffee und Kuchen und sich unterhalten. Gar nicht unbedingt über den Konflikt, über irgendwas positives. Was sie gerne kochen oder so. Dass das nach und nach dazu führen kann, dass sie die anderen Personen als positiver wahrnehmen. Ich mein, im Endeffekt, es gibt ja auch so was wie Dehumanisierung, dass man am Ende die andere Konfliktgruppe gar nicht mehr als Menschen wahrnimmt sondern als Ungeziefer oder so was, das man die Menschlichkeit wieder ein bisschen mehr merkt bei Leuten. Genau so: Kontakt, aber auch positiver Kontakt.

Da gibt es auch wieder Schwierigkeiten: Wenn es eine Täter- und eine Opfergruppe gibt, dann ist es ein asymmetrischer Kontakt. Also möglichst auf Augenhöhe sollte das auch passieren. Und wenn es eine weniger mächtige Gruppe gibt, muss man sich auch fragen: Ist es auf Kosten dieser Gruppe, dass die andere hier positiven Kontakt hat, aber die andere belastet ist dadurch.

FB: Genau, der Kontakt muss ja auch für beide Gruppen positiv sein.

FF: Ja, genau. Also so, es ist eine Art Umlernen, wenn man seine eigenen Erwartungen und Voreinstellungen herausfordert. Also, sich praktisch in Situationen begeben, wo es anders ist.

FB: Wo ich vielleicht auch selber mit den Leuten in einer Gruppe bin.

FF: Genau. Also, das heißt dann Rekategorisierung. Das ist auch eine Idee, wie der gemeinsame Feind funktioniert. Also der Gemeinsame Feind, wie man quasi zwei Gruppen zusammenscheißen kann, die sich eigentlich nicht so gerne mögen, ist wenn es quasi eine gemeinsame übergeordnete Gruppe gibt, die sich definiert über den gemeinsamen Feind. Wenn man jetzt Reichsbürger:innen und Esoteriker:innen nimmt, dann haben die sich bestimmt vor 2-3 Jahren gar nicht gemocht weil die einenen eher am linken Ende des politischen Spektrums sind und die anderen eher am rechten Ende. Und dann gab es mit, weiß ich nicht, mit der Pharmaindustrie und Impfungen während der Pandemie einen gemeinsamen Feind. Das ist jetzt mal ein negatives Beispiel, wo sich nicht so tolle Leute zusammengeschlossen haben. Aber das geht in die andere Richtung natürlich auch.

FB: Also ich könnte meine eigenen Biases überwinden, wenn ich mich mit irgendeiner Gruppe, die ich irgendwie negativ sehe zusammenschließen gegen eine andere.

FF: Genau. Wobei, wenn man die Gruppe im Kopf hat gibt es auch Biases, die gar nicht so falsch sind. So vom Prinzip, aber es gibt natürlich noch Normen und Werte, an die man sich irgenwie hält. Da ist es dann sicher auch ein bisschen schwierig, sich anzugleichen, oder angleichen zu wollen, an bestimmte Gruppen.

FB: Und wie habt ihr das rausgefunden mit dem gemeinsamen Feind, wie das funktioniert?

FF: Also, wie gesagt, es ist aus sozialpsychologischer Sicht recht kompliziert an so einen grundlegenden Prozess wie soziale Kategorisierung ranzukommen, der super schnell funktioniert, weil der automatisch funktioniert. Weil man die Leute schlecht fragen kann: „Naja, das letzte Mal, als du durch den Bahnhof gegangen bist, nach was hast du die Leute denn kategorisiert?“ Das heißt, dass die Sozialpsycholog:innen sich da Aufgaben überlegt haben, die nicht damit arbeiten, dass man den Leuten direkte Fragen stellt, sondern so einen Umweg nehmen.

Und die Aufgabe, die ich verwende, die man meistens verwendet um zu sehen, wie stark Leute bestimmte Kategorien verwenden ist das sogenannte „Who said what?“-Paradigma. Das kommt daher, dass die Frage „Wer hat das gesagt?“ total oft vorkommt, ungefähr 100 mal. Das ist ein Gedächtnisparadigma, da sehen die Leute, die Versuchspersonen, die sehen in Anführungszeichen eine „Unterhaltung“ mit einem dutzend Gesichtern. Also, man sieht immer ein Gesicht mit einer Aussage dazu. Die Person mit den großen Ohren sagt: „Ich trinke gern Kaffee“ und dann kommt die Person mit der großen Nase und sagt „Ich ess gern Kuchen“ und das geht 10 Minuten. So 12 Personen werden jeweils 4 mal gezeigt, jeweils mit unterschiedlichen Aussagen, alle paar Sekunden. Das ist ziemlich langweilig.

Was dann passiert, ist dass es eine neue Aufgabe gibt. Dann wird gesagt: Sie sehen jetzt alle Aussagen, die Sie gerade gesehen haben noch mal und auch noch mal so viele Aussagen, die sie noch nicht gesehen haben. Und Sie müssen dann erst mal sagen: Haben Sie die Aussage schon gesehen, oder nicht? Und dann, wenn sie sagen, „Ja, ich habe die Aussage schon gesehen“ müssen sie noch sagen, wer das gesagt hat. Sie kriegen alle Fotos noch mal angezeigt und müssen auf das klicken, was sie denken, wer das gesagt hat. Und die nervige Sache aber auch Sinn der Sache an der Aufgabe ist, dass die Leute extrem viele Fehler machen. Das ist schwierig, 50 Gesichter und Aussagen sich zu merken. Das ist aber genau das was wir wollen. Weil wir wissen wollen, wie oft Leute nicht den richtigen Sprecher/die richtige Sprecherin anklicken sondern sich auf irgendwelche Heuristiken, irgendwelche Daumenregeln, die sie sonst noch im Kopf haben verlassen. Und dann hoffen wir, dass die Leute recht oft auch die Kategorie abgespeichert haben.

Die Sache am „Who said what?“ ist: Man steckt immer eine Kategorie rein, also vielleicht ist die Hälfte der Sprecher:innen Schwarz, die andere weiß, vielleicht sind es Männer und Frauen oder Deutsche und Türken oder so was. Und dann hoffen wir, dass es oft passiert dass die Leute denken die Leute „Ich trink gern Kaffee- wer hat das gesagt? Ich weiß es nicht mehr ganz genau, aber es war auf jeden Fall ein Mann“. Und dann suchen die bei den Männern irgendeinen aus und klicken dann darauf und dann haben sie einen Kategoriefehler begangen. Und wir zählen praktisch, wie oft das passiert. Und die Idee ist, wenn die Leute das Speichern, die Informationen über den Sprecher, dann machen die viel mehr Kategorien innerhalb einer Kategorie als zwischen den Kategorien. Dann sagen die, das war ein Mann, wenn es ein Mann war, als das sie sagen: „Das war eine Frau“. Und je mehr das passiert, desto stärker haben die die Kategorie abgespeichert und verwendet. Und so haben wir das praktisch mit dem gemeinsamen Feind auch gemacht.

Die Sache am „Who said what?“ ist: Da haben die Leute verschiedene Aussagen bekommen. Also die Versuchspersonen sind ins Labor gekommen, haben sich da hingesetzt und entweder, zufällig zugeordnet, haben sie Aussagen bekommen wie „ich trink gern Kaffee“ oder „Ich hab total Angst vor islamistischem Terrorismus“. Das war der gemeinsame Feind. Natürlich ein bisschen on the nose, ein bisschen Holzhammermethode, weil es natürlich auch schwierig ist, dass hinzukriegen. Aber genau so war das, da haben praktisch die Leute in der Feindbedingung, wo es um islamistischen Terrorismus ging oder um Krankheiten, die alle Menschen irgendwie betreffen können.

FB: Also Krankheiten können auch ein Feind sein?

FF: Ja, genau. Was auch irgendwie spannend ist, weil Krankheit keine menschliche Gruppe ist sozusagen.

FB: Ja, aber man muss sie ja bekämpfen.

FF: Genau, genau! Und Leute können ja zusammen dagegen sein und das ist es ja, worum es geht. Und dann haben die Leute das praktisch weniger verwendet, die Kategorie als in der Kontrollbedingung. Das ist ganz interessant, weil normalerweise hat man ne Baseline, ne Kontrollbedingung wo nichts passiert. In dem Fall wollten wir aber genau das Gegenteil, eine Kontrollbedingung wo was passiert, also Kategorisierung. Und das wollten wir dann reduzieren.

FB: Und das heißt, dass quasi Krebs oder der islamistische Terrorist der Feind war, war es dann egal, ob der Sprecher Schwarz oder Weiß war?

FF: Ja, oder männlich oder weiblich oder alles mögliche.

FB: War das auch das was ihr vermutet hattet, oder musstet ihr zwischendurch auch irgenwelche Annahmen wegschmeißen, die ihr hattet?

FF: In dem Fall war das tatsächlich das, was wir vermutet hatten, das ist jetzt nicht so super häufig so, dass man Recht hat. Das ist auch eine schöne Sache, die man irgendwann lernt, dass man auch sehr häufig nicht recht hat. Aber da wächst man auch dran. Es gab schon Vermutungen, die wir in dem Zusammenhang hatten, die sich nicht so bestätigt hatten. Zum Beispiel gibt es ja nicht nur einen gemeinsamen Feind sondern auch einen gemeinsamen Freund. Also die Idee, dass es sich nicht gut anfühlt, wenn wir jemanden mögen. Also, wir haben zwei Freunde, und wir mögen beide Freunde, aber die Freunde mögen sich gegenseitig nicht. Und dass es viel angenehmer ist, wenn man sich im Dreieck mag. Und das hätten wir vermutet, dass es auch passiert. Wir haben eine Studie damals schon gemacht, als wir einen gemeinsamen Feind zusammen mit einem gemeinsamen Freund hatten, das ist diese Israelstudie gewesen.

FB: Die Israelstudie?

FF: Da bin ich nach Israel gefahren, ein-zwei Monate und hab da eine Studie gemacht, um praktisch das mit dem gemeinsamen Feind noch mal in nem realistischen Konflikt zu zeigen. Da hatten wir als Versuchspersonen israelische Juden und israelische Araber, also Palästinenser, die in Israel wohnen und haben die beiden auch als Kategorien verwendet und hatten dann vier Bedingungen: Eine neutrale, eine Konfliktbedingungen wo die Sprecher dann so was gesagt haben wie „uns gehört Jerusalem“, also was das ganze noch mal krasser machen sollte, was auch gut funktioniert hat. Und dann: Nicht nur eine gemeinsame Feindbedingung, das war die Krankheitsbedinung, sondern auch eine gemeinsame Freundbedingung. Da haben wir überlegt: Das waren alles Studis, dass es da darum geht, Lerngruppen zu haben und das positive Ziel zu haben, das Studium zu beenden, einen Job zu finden, Freunde zu finden und so weiter. Da und auch bei den Studien, die ich seitdem zu dem gemeinsamen Freund gemacht habe, ist der Effekt entweder viel schwächer als von nem gemeinsamen Feind oder gar nicht da. Das hätten wir jetzt nicht so vermutet, aber es ist irgendwie so da. Ich bin noch am überlegen, ob ich das mal aufschreiben sollte, weil es ja trotzdem spannend ist, wenn man mal nicht recht hat. Heißt ja nicht nur, dass man nur selber nicht recht hat, sondern auch viele Leute, die das denken nicht recht haben. Irgendwie ist das schon verrückt. Ich hab verschiedene Ideen, warum das so ist, aber das ist schwieriger zu lösen.

FF: Also ich könnte mir vorstellen, dass so ein gemeinsamer Feind viel beeindruckender ist, dass es bedrohlich ist, das man halt schnell handeln muss, weil man sonst Schaden davon trägt, dass so ein gemeinsamer Feind natürlich auch ganz anders ist, als die Gruppen um die es geht in der Theorie. Und das es beim gemeinsamen Freund nicht so ist. Der ist den beiden Ursprungsgruppen viel ähnlicher, der ist irgendwie positiv, da braucht man nicht irgendwie was für zu machen.

FF: Meine Hoffnung wäre, dass es nicht sofort so einen krassen Effekt hat, nach 10 Minuten im Labor, sondern vielleicht eher langfristig, vielleicht ein bisschen nachhaltiger. Weil so ein gemeinsamer Feind hat natürlich auch den Nachteil, dass man eine neue Kategoriengrenze zieht, praktisch eine neue Feindschaft. Ursprünglich war das zwischen den zwei Gruppen, jetzt zu ner dritten Gruppe, macht das Problem eigentlich nicht weg sondern verschiebt das Problem

FB: Schade eigentlich, wenn man das so über die Freundschaft regeln könnte...

FB: Ja, was würdest du machen, wenn du keine Sozialpsychologin wärst?

FF: Das ist eine gute Frage. Also ich glaub ich hab, so Neugier ist schon so ein Grundantrieb von mir. Wahrscheinlich wäre es schon irgendwas mit Wissen. Wobei ich sagen muss, das treibt mich so ein bisschen an, aber manchmal fehlt mir ein bisschen was mit den Händen. Also was praktisches, was handwerkliches, da denk ich mir auch manchmal, das wäre auch eigentlich ganz nett gewesen. Aber ich hab in letzter Zeit gemerkt, Wissen, das kann man ja nicht nur selber machen, sondern auch verbreiten. Und das finde ich eigentlich auch spannend. Also Sachen so zu erklären, dass es einigermaßen Verständlich ist, also so eine Vermittlerposition vielleicht. Weil ich auch während der Pandemie gemerkt habe, dass es einen großen Graben gibt zwischen dem was im Elfenbeinturm, in der Wissenschaft schon alles weiß und was die Leute da draußen wissen, vermuten oder glauben. Und das es für alle auch cool ist, da ein bisschen in Interaktion zu kommen. Das man auch einfach vermittelt: Hier guck mal, hier sind Wissenschaftler:innen, das sind ganz normale Leute. Die sind jetzt nicht super abgehoben und wollen die ganze Zeit Geld haben.

FB: Ich glaub, alle wollen die ganze Zeit Geld haben.

FF: Genug Geld ist schon wichtig. Aber es ist jetzt nicht der einzige Antrieb, den man im Leben haben kann.

Marco Mazur: Ab dieser Folge haben wir auch Fragen unserer Hörer:innen dabei: Fragen aus dem Publikum

FB: Der Marcel fragt sich, welche Rolle Medien beim Kategorisieren spielen. Hilft es zum Beispiel beim Schubladendenken, wenn Filme oder Serien diverser besetzt werden?

FF: Jein. Da gibt es ja auch dieses Phänomen von Tokenism, wenn man in einem Film eine schwarze Person dabei hat. Und das hilft natürlich nicht viel, denn die Person kann man einfach als Schwarzen Menschen kategorisieren und man hat nie wieder das Problem, die Person nicht zuordnen zu können, nicht zu wissen wer das ist. Und das hilft natürlich nicht, wenn die Kategorieeigenschaft diejenige ist, die dadurch gefördert wird.

FF: Ich denke schon, dass das helfen kann, allein die Aussetzung, dass man lernen kann, Schwarze Gesichter zu unterscheiden als weiße Person, was wir nicht so gut können und was, wenn wir sonst schon keine Schwarzen Menschen treffen in unserem Umfeld, kriegen wir das besser hin, wenn wir sie zumindest mal in Filmen sehen. Und wenn was normaler wird, Leute sich mehr dran gewöhnen, ist das wie mit Gendern oder so, läuft das irgendwann flüssiger rein, kann ich mir schon vorstellen.

FB: Und die Bubbles, die wir in Social Media haben, verstärken die auch das kategorische Denken, dass wir uns sehr mit Leuten umgeben, die die selbe Meinung haben wie wir?

FF: Klar, ich weiß nicht, ob es Kategorisierung an sich verändert aber klar! Ich glaub schon, dass sich ne Meinungspolarisierung dadurch verstärkt, wenn das die Bubble ist, in der ich mich beweg, dann gibt’s ja auch so was wie polarisierung. Dann hör ich öfter auch Meinungen, die noch extremer sind als meine eigenen, find die dann irgendwann auch ganz cool und dann beweg ich mich praktisch immer weiter nach außen und das trennt sich auf.

FF: Persönlich merk ich das auch mit Freunden, wenn ich meine Zeit mit Leuten verbringe, die die meiste Zeit nicht in meiner Bubble verbringen, sind das sehr spannende Diskussionen, weil ich viele Meinungen höre, die nicht meiner entsprechen, die man ausdiskutieren muss. Da tendiert man dazu, das man seine eigenen Meinungen wieder hinterfragt, dass man eine höhere Verarbeitungstiefe hat. Und deswegen glaub ich schon. Ich glaub so Bubbles führen auch zu einer totalen Verschätzung, wie die meisten Leute denken. Wir denken, alle denken so wie in meiner Bubble, und dann passiert so was wie der Brexit oder so. Wo alle total überrascht sind.

FB: Ich wunder mich manchmal, wie die Leute sich über irgendwelche Klimawandelleugner aufregen, weil die gibt es doch gar nicht, kein einziger in meiner Bubble.

FF: Da hab ich einen Kumpel, der immer so. Also inzwischen ist er überzeugt dass das passiert mit der Klimaerwärmung, dass man sich dran anpassen muss, aber ob das menschengemacht ist, da ist er sich noch nicht so ganz sicher. Also so, und dann fängt man an zu diskutieren.

FB: Ach ja: Marcel hat noch ne Frage: Gibt es Unterschiede zwischen den Gesellschaften wie wir kategorisieren? Also wird in manchen Gesellschaften oder Nationen oder so mehr kategorisiert als in anderen?

FF: Nicht dass ich das bisher festgestellt hätte. Wobei wir jetzt auch nicht in allen Ländern Forschung gemacht haben, das ist immer so eine weiße oder westliche Brille, aber genau. Ich hab bisher Studien in Deutschland gemacht, in den USA gemacht, eine Israel und eigentlich auch eine Türkei, das hat nicht so super funktioniert. Aber da hab ich jetzt keine Unterschiede gemerkt, wie die im who said what antworten.

FF: Spannend ist dann schon, dass in unterschiedlichen Gesellschaften oder Weltregionen unterschiedliche Kategorien stark werden. Also in, jetzt hätte ich fast Nordkorea gesagt, ähm, Nordirland, dass plötzlich die Religion so wichtig wird. Also eigentlich nicht die Religion sondern Für und Wider der Zugehörigkeit zu Irland oder UK. Und das ist ja auch was, was niemand sonst irgendwie hat. Oder in Israel wo Dinge plötzlich relevant werden. Und das sind ja beides Kontexte, wo man die Kategorien nicht wirklich sehen kann. Kein Nordire kann sehen, ob jemand proirisch oder pro-UK ist, die hören das dann am Akzent. Da gibt es so kleine Hinweise drauf.

FF: Ich glaube in Kroation Serbien , die Region da ist das so ähnlich dass die Sprachen sehr ähnlich sind aber an einzelnen Wörtern erkennen, wer zu wem gehört. Ich glaube da werden Leute sehr kreativ, gerade in so Hochkonfliktregionen.

FF: Ich glaub von der Struktur her gibt’s keine Unterschiede. Da sind alle Menschen gleich angelegt, dass Kategorisierung für die relevant ist, dass die alle das irgendwie machen, aber inhaltlich gibt es große Unterschiede. Und ich glaube ich kann mir schon auch noch vorstellen, dass Kultur da einen Einfluss hat. Wenn über Generationen hinweg Leute eher funktional kategorisieren, dass das dann weiter geht.

FB: Funktional ist so nach Beruf, oder?

FF: Genau, oder nach Zweck.

FB: Gibt´s auch Grenzen an Dingen, die ein gemeinsamer Feind schaffen kann? Gibt´s auch Differenzen die einfach zu groß sind, als das ein gemeinsamer Feind was verbinden könnte?

FF: Da kann ich keine Studien zu zieren (FB: Dann Nicht). Ich denk schon, ich glaub es ist viel möglich, so Querfrontmäßig. Aber klar, alles ist da, wenn einer sich nicht mehr den Feind als Feind vorstellen kann. Das ist auch irgenwie selbstverständlich. Ich glaub schon, dass es Konflikte gibt. Aber ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es keinen gemeinsamen Feind mehr gibt oder dass die Leute sich so sehr zerstritten haben. Also wir haben bei der Israelstudie lang nach nem Gemeinsamen Feind gesucht. Also ein gemeinsamer Feind von israelischen Juden und palästinensischen Arabern und dann bleibt halt kaum was übrig. Zum Beispiel gibt es in Israel Wasserknappheit, das betrifft alle, aber die Araber mehr als die Israelis. Oder Wohnungsknappheit, da ist das genau so. Oder beide haben Probleme mit dem Iran. Aber auf unterschiedliche Art und Weise. Da haben wir lange gesucht, irgendwann bleibt nur noch die Krankheit übrig. Wo vielleicht auch alles, wenn ein Konflikt sich auf alles ausbreitet. Ich hab das Gefühl dass Konflikte die Art haben, dass alles mit reingenommen wird. Zum Beispiel in Nordirland wo ich dann praktisch, es gibt ja die irische Flagge, es gibt die Great britain – Flagge, den Union Jack. Und dann haben sie irgendwann auch der Sicht, dass die einen die Besatzer sind, sozusagen und die anderen eben die Besetzten. Dass es UK war, die diese Flächen irgenwann in Anspruch genommen haben, aber da waren schon Iren vorher. Da haben die Unionists, also die UK -Leute angefangen israelische Flaggen rauszuhängen, und die irischen Leute angefangen palästinensische Flaggen rauszuhängen und das dann immer weiter um Religion geht, dass es plötzlich auch um Geschichte geht, dass es um Wohnungsanspruch geht. Welche Stellen in der Stadt sind von den einen oder den anderen irgendwie besetzt oder werden bewohnt. Oder überhaupt über die Straße gehen können in dem anderen Bereich.

FF: Es ist so entrencht, es breitet sich auf alle Bereiche in so einem Leben aus, und dann bleibt auch immer weniger Raum für gemeinsame Ziele und Feinde und Motivationen. So vielleicht.

FB: Aber, um dann doch noch mal zu was postivem zu kommen, weil es ja doch grade ein sehr trauriges Ende ist, hattest du ja auch erzählt, dass du bei dem Onlinemagazin Fachnetz Flucht mitarbeitest im Vorgespräch. Magst du da noch mal erzählen, was du machst?

FF: Ja, das ist so entstanden, als die Syrer:innen gekommen sind, 2015, und da viel öffentliche Debatte stattgefunden hat und auch viel. Das ist auch so ne Gelegenheit, dass Wissenschaftler:innen auch mal gefragt werden, aber, was ja auch verständlich ist, Pädagog:innen, Sozialarbeiter:innen und so weiter. Und da war im Sommer eine Konferenz und da haben sich ein paar Sozialpsycholog:innen zusammengerottet, vor allem Postdocs, Doktorand:innen, die gemeint haben: wir haben da auch was zu sagen. Sozialpsycholog:innen sind nicht immer so krass auf dem Schirm in der Öffentlichkeit, dass die auch was zu sagen und vielleicht beizutragen haben. Da können wir jetzt mal gucken, ob wir selber aktiv werden und das sagen, was wir zu sagen haben.

Das dauert immer alles, weil wir alle das halt freiwillig gemacht haben in der Zeit die irgendwie übrig war. Und das, was draus geworden ist, ist so ein kleines Onlinemagazin wo Wissenschaftler: innen, die zu solchen Themen forschen wie Vorurteile, Migration was damit zusammenhängt, Fluchtfolgen so kleine Artikel geschrieben haben, die halt in normaler allgemeinverständlicher Sprache formuliert sind und auch so ein kleines Reviewverfahren unterlaufen haben. Die Texte wurden gelesen von anderen Wissenschaftler:innen aus dem Gebiet und auch von Leuten aus der Praxis meistens. Zu so Themen: Wie kann man Vorurteile reduzieren, wie kann man vielleicht Konflikte in Massenunterkünfte vermeiden, wie kann man Leuten helfen anzukommen, mit was haben Leute zu kämpfen, wenn sie ankommen, Traumafolgen und so weiter. Wie geht man vielleicht mit Wertekonflikten um? Das ist dann so ein Thema, wenn Leute aus Kulturen kommen, die andere Werte haben, oder wo andere Werte an einer höheren Stelle stehen. Das sind halt Werte, das kann man nicht lösen, in dem man mehr von irgendetwas produzieren kann, dass es da manchmal knirscht, auch wenn alle wohlgesinnt sind.

Das dauert immer alles, weil wir alle das halt freiwillig gemacht haben in der Zeit die irgendwie übrig war. Und das, was draus geworden ist, ist so ein kleines Onlinemagazin wo Wissenschaftler: Ja, das ist Fachnetz-Flucht.de und da gibt es hin und wieder mal einen neuen Artikel, ist frei zugänglich und ein bisschen so die kleine Schwester von Inmind. Das ist die größere Plattform für allgemeinverständliche Artikel aus der Psychologie.

FB: Ja, verlinken wir auf jeden Fall! Danke schön!

FF: Gerne, vielen Dank für die Einladung.

FB: Vielen Dank fürs Zuhören, wenn es euch gefallen hat freuen wir uns auch sehr über eine Bewertung. Für Feedback könnt ihr euch direkt an fbrinker@uni-mainz.de erreichen.

MM: Die nächste Folge erscheint in einem Monat. Wir sprechen mit der Ethnologin Heike Drotbohm über Care- und Sorgearbeit. Wer unterstützt wen aus welchen Motiven? Und warum sind es so oft die Frauen, die die Carearbeit leisten?

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